Dienstag, 6. April 2010

Musterbedingungen und Blockfreistellung

Die Kommission hat die Blockfreistellungsverordnung für den Versicherungssektor von 1993 nicht verlängert, sondern eine neue Freistellungregelung erlassen, die die bisher gepflegte Praxis der einheitlichen Musterbedingungen nicht fortsetzt.

Das führt zu einigen Gedanken hinsichtlich der Produktentwicklung. 
Produkte der Lebensversicherung sind mathematisch konzipierte Gestaltungen. In den Versicherungsgesellschaften sind Mathematiker zuständig für die Entwicklung, Kalkulation und Steuerung des Produktportfolios.
In der vergangenen Dekade wurde die Lebensversicherung in außergewöhnlich starkem Umfang Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen. Nur im Vordergrund ging es um Leistungsfragen, realistisch betrachtet stand das Geschäftsmodell der Kapitallebensversicherung auf dem Prüfstand.
Das vertraute Modell des Versichertenkollektivs wurde in hohem Maße umgebaut zu einem Modell des versicherten Individuums.
Erheblicher Vertrauensverlust in allen Zielgruppen
In der jüngsten Vergangenheit verspielt Missbrauch des Bestandes der klassischen Lebensversicherung zu Gunsten des Geschäftsmodell „Kapitalisierungsverträge“ zur Erzielung von Beitragswachstum weiteres Vertrauen der Zielgruppe. Zinsmargengeschäfte in großem Ausmaß zu Gunsten der finanziellen Literaten zerstören die Ersparnisse von Millionen Kleinsparern.
Zusammenfassend: Partikularinteressen haben das Modell bis an den Rand der Existenzgefährdung gebracht

Analyse
Warum?
Wirkliche Kooperation der kompetenten Wissenschaften fehlte.
Mathematiker konzentrieren sich auf die Kalkulation, variieren die klassischen Module der Lebens- bzw. Rentenversicherung in immer komplexeren Produkten.
Juristen beschränken sich auf die formale Abnahme der Bedingungen, nutzen die aus der Zeit der Regulierung stammenden Derivate, die Muster – AVB, als Benchmark, um ihr Einverständnis mit den Formulierungen zu rechtfertigen.
Dabei bleibt die Transparenz des Produktes auf der Strecke. Geopfert dem nachvollziehbaren Interesse der Mathematiker nach Schutz ihrer Geschäftspläne vor Einsichtnahme durch den Wettbewerber.
Lebensversicherung ist ein notwendiges Produkt. Der Gesetzgeber kann und soll nicht sämtliche Daseins und Zukunftsfürsorge für den Bürger darstellen. Lebens-/Rentenversicherung ist langfristige Daseins- und Zukunftsfürsorge.
Daseins- und Zukunftsfürsorge erfordert Vertrauen der Nutzer.
Vertrauen schaffen kann nur ein Produkt, das vom Käufer verstanden wird.
Verstehen kann der Käufer ein Produkt nur dann, wenn die Mechanismen des Produktes verstanden werden. Verständnis kann sich nur dann entwickeln, wenn das Produkt transparent dargestellt wird.
Nicht jeder Käufer muss dieses Produkt verstehen. Allerdings muss jedem Käufer, der sich mit diesem Produkt auseinandersetzen will und verstehen will, ausreichend Information geliefert werden. Das auch eine einfache Kapitallebensversicherung schon ein komplexes Produkt darstellt, ist unerheblich. Es muss dem Anbieter gelingen, den Text der Vereinbarung mit dem Kunden so zu gestalten, dass auch das komplexe Produkt verständlich wird.
Das kann nur gelingen, wenn Aktuare und Versicherungsjuristen unterstützt durch Marketingspezialisten kooperieren und ihre Produktwelt dem Einblick eines Interessierten öffnen.
Aktuare sind vom Berufsverständnis
·          Die Aufgaben des Aktuars verlangen eine gute mathematische Ausbildung, solide Kenntnisse in Stochastik, Statistik und Informationsverarbeitung sowie Verständnis für wirtschaftliche Sachverhalte und Grundlagenwissen in Betriebswirtschaftslehre, Rechnungswesen und Versicherungsrecht. Durch die Tatsache, dass der Aktuar mathematischen Sachverstand in Verbindung mit wirtschaftlichem Verständnis und der Fähigkeit zum Umgang mit Informationstechnologie besitzt, wird er zu einem wertvollen und schwer ersetzbaren Mitarbeiter bei Versicherungen, Banken und Bausparkassen, aber auch bei Wirtschaftsprüfern, Unternehmensberatern und Softwareherstellern, die in diesem Bereich tätig sind. ( http://www.uni-ulm.de/einrichtungen/akademie-wwt/kursprogramm/wirtschafts-finanz-und-aktuarwissenschaften/finanz-und-aktuarwissenschaften/stellung-der-kurse-in-der-aktuarausbildung.html )
der Berufsstand, um den sich die Personenversicherung dreht.
Allerdings scheint es dem Berufsstand in den vergangenen Jahrzehnten nicht gelungen sein, alle gewünschten Funktionen in sich zu vereinigen.
Wie auch? Eine große Zahl der heute tätigen Verantwortlichen Aktuare durchlief Ihre Ausbildung zu einer Zeit, in der die Lebensversicherung nach Mustergeschäftsplänen kalkuliert wurde, die das Aufsichtsamt vorgab. Jede noch so geringe Abweichung von dem gestellten GP musste mit der Aufsichtsbehörde in einem langwierigen Prozess abgestimmt und genehmigungsfähig kalkuliert werden. Dabei wurde der Kundenfokus vollständig übersehen. Er war auch nicht notwendig. Die Aufsichtsbehörde ersetzte das mutmaßliche Kundeninteresse und schaffte mit einem Verwaltungsakt zivilrechtlich unangreifbare Fakten.
Nach 1994 änderte sich dieses Prinzip vollständig. Die Deregulierung machte es möglich. Das Aufsichtsamt war nicht länger für die Geschäftspläne verantwortlich, diese Verantwortung war gesetzlich auf das Unternehmen übertragen worden. Auf Grund seiner Kenntnisse und mangelnder Kenntnisse der Materie an anderer Stelle im Unternehmen legte dieses die Verantwortung nahezu ausschließlich in die Hände des Verantwortlichen Aktuars. Dieser hat für die korrekte, ausreichende Reservierung zu sorgen. Die Bestimmung der Reserve geschieht auf der Basis des Geschäftsplans. Dieser wird erstellt und umgesetzt von Aktuaren.
Die Erforderlichkeit von Juristen in der Wertschöpfungskette wurde und wird nur zurückhaltend bejaht. Mehr ein notwendiger als ein beliebter Bestandteil.
Schließlich leistete die Dachorganisation der Branche mit ihren Musterbedingungen den Aktuaren Hilfestellung der besonderen Art. Mit diesen MB wird den Unternehmen ein Mittel der Verschleierung der eigenen Produktkonstruktion an die Hand gegeben.
Viele der Unternehmen verwenden die Musterbedingungen ohne Rücksicht auf die Tatsache, dass viele ihrer Produkte den „Musterprodukten“ des GDV nicht einmal annähernd entsprechen.
Die Verwendung von einheitlichen Bedingungen war solange korrekt, wie die Branche Produkte anbot, die dem jeweiligen Mustergeschäftsplan entsprachen. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Evolutionsgeschwindigkeit der unternehmensindividuellen Geschäftspläne nur niedrig ist, muss nach 15 Jahren Deregulierung von einer breiten Variation der Inhalte ausgegangen werden.
Bedingungen sind das Mittel der Kommunikation des Unternehmens zum Kunden. Vermittlern wird – wenn überhaupt - persönlich vertraut, nicht dem durch den Vermittler vertretenen Unternehmen. Bunt bedrucktes Papier ist begleitendes Rauschen, Kenntnisvermittlung in Bezug auf ein bestimmtes Produkt wird durch dieses Medium nicht geleistet.
Remedur
These: Bedingungen müssen insbesondere in der Leistungsbeschreibung den Inhalten des Geschäftsplans akribisch folgen. Je komplexer das Produkt, desto umfangreicher muss die Beschreibung in den AVB erfolgen.
AVB, deren Leistungsbeschreibung nicht dem Geschäftsplan des Produktes entsprechen, sind ungenau und damit intransparent. Diese Intransparenz besteht ohne die Möglichkeit der zivilrechtlichen Heilung. Denn der tatsächliche Umfang der Leistung des Vertrages ist nicht Gegenstand der Vereinbarung geworden.

Dienstag, 9. März 2010

Kreditausfallversicherungen CDS

Wette und Versicherung liegen dicht beieinander. Versicherungsgeschäft darf nur durch Versicherer betrieben werden und wird - solange es sich nicht um Lebensversicherung handelt - mit Versicherungssteuer belegt.

Das Angebot von Kreditausfallversicherungen ist Versicherungsgeschäft und wird hierzulande z.B. durch EulerHermes angeboten.
Was Versicherung ist, ist in Deutschland ebenso wie in der EG einheitlich definiert.

Was CDS' sind, ist ebenfalls definert, ich beziehe mich auf die Definition in dem entsprechenden Artikel auf wikipedia.org. Dort wird sinngemäß beschrieben, daß CDS keine Versicherung sind, weil der Käufer kein versicherbares Interesse haben muß.

Wende ich diese Logik auf die Feuerversicherung an, dann kann ich das Haus meines Nachbarn auch gegen Feuer versichern. Als Vertragspartner kann ich mir jemanden suchen, der genug Geld hat, mit mir die Wette auf ein Feuer bei meinem Nachbarn einzugehen. Das ist aber nicht möglich. Der Abschluß eines solchen Vertrages ist gesetzlich verboten. Aus Sicht des Gesetzgebers macht es keinen Sinn hier unterschiedliche Maßstäbe anzuwenden.

Ich stelle mir die Frage, aus welchem Grund Banken CDS anbieten dürfen, obwohl eine Zulassung als Versicherer nicht vorhanden ist.

Wären die in den vergangenen Jahren verkauften CDS' von Versicherern abgeschlossen worden, hätten Rückstellungen gebildet werden müssen. Diese Rückstellungen wären in den vergangenen Turbulenzen hilfreich bei der  Lösung der Finanzmarktprobleme gewesen. Stattdessen sind ein großer Teil der "Prämien" für die CDS unmittelbar als Einnahme verbucht worden, haben den Gewinn erhöht und sind zu nicht unbeträchtlichen Teilen als Bonus an die beteiligten Angestellten verteilt worden.

Qui bono? Schön für die Angestelten. Schön für die Banken, die den anderen Teil des Ertrages in den Gewin haben fließen lassen. Und? Schön für Vater Staat. Er griff den Angestellten in die Tasche und holte sich im Zweifel 45% des Bonus als Einkommensteuer ab. Aus dem Gewinn der Banken wurden noch einmal Körperschaftsteuer fällig.

Fast könnte man den Eindruck gewinnen, das Ministerium der Finanzen als gleichzeitiger Herr der Aufsichtsbehörde wäre daran interessiert, dieses Geschäft nicht als Versicherung -  nur 19% Versicherungssteuer - sondern gerne als Bankgeschäft  - geschätzt: 40% Einkommensteuer - zu betrachten.

Hony soit qui mal y pense

Peter 

Montag, 8. März 2010

Delta Lloyd - Bewegung im Markt

Herr Fromme (FTD vom 08.März 2010) fasst es treffend zusammen! Dem ist nicht viel hinzuzufügen.

In einem Punkt ist Herrn Fromme zu widersprechen: Ein Run-Off muß für die Kunden der betreffenden Versicherungsgesellschaft kein Nachteil sein. Der auslaufende Bestand kann ohne die nicht der Verwaltung zuzuordnenden Kosten günstig verwaltet werden. Dabei müssen nicht einmal die Leistungen knausriger werden.
Ein Run-Off kann wesentliche Kostenbelastungen aus dem sonstigen Versicherungsbetrieb sparen, das führt zu höheren Überschüssen aus den Kosten und kann damit zu einem besseren Ergebnis beitragen

Peter

Kickbacks in der Fondsgebundenen Lebens-/Rentenversicherung

 Die BaFin hat Ende des vergangenen Jahres eine Auslegungsentscheidung zur Mindestzuführungsverordnung veröffentlicht (BaFin zu sog. Rückvergütungen), die bei dem einen oder anderen Unternehmen tiefe Spuren in der Ertragsrechnung hinterlassen wird.

Keine Klärung bringt die Auslegungsentscheidung hinsichtlich der Frage, ob hier auch für die Vergangenheit entschieden wurde. Aktuare und Wirtschaftsprüfer werden sich fragen, ob eine Rückstellung für die in der Vargangenheit vereinnahmten Rückvergütungen zu bilden ist.


Welche Unternehmen betroffen sind, ist noch nicht festzustellen, vielleicht wird sich bei der Veröffentlichung der Bilanzen der eine oder andere Hinweis ergeben.

Die Transparenz zu diesem Thema war bisher nicht gegeben. Welche Felder der Transparenz sind eigentlich betroffen?
Ist die Kostendarstellung betroffen? Die Kickbacks sind Erträge des Unternehmens, eine Zuordnung zu den Kosten ist schon begrifflich nicht möglich. Die Rückvergütungen sind Bestandteil der Kosten des Fonds, die im Prospekt des Fonds ausgewiesen werden. Damit ist Hinsichtlich des Fonds die gesetzlich geforderte Transparenz gewahrt.

Ist eine andere Darstellung betroffen? Ja!
Nach § 2 Abs 1 Ziffer 7 InfoVO-VVG hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zusätzlich zu den in § 1 Abs. 1 InfoVO-VVG genannten Informationen bei fondsgebundenen Versicherungen Angaben über die der Versicherung zugrunde liegenden Fonds und die Art der darin enthaltenen Vermögenswerte zur Verfügung zu stellen.
Im bisherigen Verständnis betraf dies die Informationen über die Identität des Fonds, die Investmentpolitik und andere auf den Fonds bezogenen sachlichen Informationen. Rückvergütungen oder gar Kosten des Fonds waren bisher regelmnäßig nicht Bestandteil dieser Informationen.
Die Höhe der Rückvergütungen ist jedoch als Information für den Versicherungsnehmer von zentraler Bedeutung bei der Entscheidung, welchen Fonds er auswählt. Warum? Kleines Beispiel: Zwei Fonds, gleiche Wertentwicklung des Rücknahmepreises. Ein Fonds zahlt 0,2% Rückvergütungen an den Versicherer, der andere Fonds 0,75%.
Noch ein Beispiel: Gesellschaft A und B bieten mir Tarife an, die hinsichtlich der Kosten vergleichbar sind. Gesellschaft A erhält - wegen großer Bestände -  von Fonds P1 0,6% Rückvergütung auf den Bestand, Gesellschaft B 0,25%.
Bei der Entscheidung, welcher Fonds bzw. welche Gesellschaft zu wählen ist, wäre meine Entscheidung klar. Oder?

Jetzt sage mir einer, daß diese Information als "Geschäftsgeheimnis" des Versicherers zu werten ist. Ist es meiner Erachtens nicht. Die Höhe der Kickbacks ist auf Fondsseite abhängig von der Höhe der entnommenen Verwaltungskosten und auf Seiten des Versicherers ausschließlich eine Frage der Verhandlungsmacht, die sich aus der Höhe des gehaltenen Bestandes ergibt.

Interessant zu sehen, was hier in den nächsten Monaten geschehen wird.

Peter

Mittwoch, 24. Februar 2010

Transparenz von Versicherungsbedingungen

Vor einigen Tagen hat eine Veranstaltung des Versicherungsnetzwerkes Berlin zu dem Thema "Verständlichkeit von Bedingungen" stattgefunden.

Der Vertreter der Skandia reklamierte dort, daß die Produkte einfacher sein sollten (Zitat über den Link: Versicherungschinesisch muß nicht sein oder unten eingefügt). Die Produkte der Skandia mögen komplex sein, die Rechtsprechung über die Transparenz von Bedingungen ist jedoch im Zusammenhang mit "simplen" Kapitallebensversicherungen entstanden. Einfacher ging's kaum.

Lebensversicherung ist komplex. Nicht nur die Kalkulation der Risikoprämien ist höhere Mathematik (Vulgo: Statistik) auch die Kalkulation der Verwaltungskosten ist wegen der langen Zeiträume und der möglichen Entwicklung der Kosten schon schwierig. Mathematisch komplex wird jedoch dann die Kalkulation der Vertriebskosten und deren Verteilung. Nicht zu sprechen von der Vermögensverwaltung, die Regeln unterliegt, von denen ein ehemaliger Präsident des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen einmal sagte, daß er Schwierigkeiten hätte, diese zu verstehen. Mußte er auch nicht verstehen, wesentlich ist, daß die Anwendung der noch heute existierenden Regeln von den zuständigen Beamten überwacht wird. Und auch diese Beamten gestehen mitunter, daß es nicht einfach ist, diese Materie zu durchdringen.

Aber die Versicherer sollen diese Materie mit einfachen Worten in Versicherungsbedingungen formulieren, von denen Herr Römer sagte, es sei doch gleichgültig, ob der Versicherungsnehmer diese Bedingungen vor oder nach Vertragsschluß nicht lese.

Der Vertreter des GDV hat offensichtlich eingestanden, daß die Musterbedingungen des GDV nicht in allen Teilen dem Transparenzanspruch genügen.

Im angelsächsischen Sprachraum existiert ein Sprichwort: "You get what you pay for". Offensichtlich bezahlt niemand für klare und verständliche Versicherungsbedingungen. Sondern für Bleiwüsten, die den Inhalt des Produktes eher verbergen als erhellen.

Der geneigte Leser möge sich von dem Angebot des GDV überzeugen: Versicherungsbedingungen - Lebensversicherung


Die schlechte Qualität hat System. Entweder vorsätzlich oder auf Grund widriger Umstände. Vorsätzlich erscheint wenig glaubhaft. Das würde bedeuten dass jeder Versicherer Bestandteil dieses Verschleierungskartells sein würde. Aber selbst der Bund der Versicherten kann die Materie nicht wirklich eingängig formulieren: Bund der Versicherten Lebensversicherung/Kapitallebensversicherungen

Und deren ehemliger Vorsitzender rühmt sich noch immer damit, daß er die Lebensversicherung als legalen Betrug bezeichnen darf.( Meyers Webseite )


Das ist das Spannungsfeld, im dem Aktuare und Juristen die Versicherungsbedingungen schreiben.

Beide Berufsbilder unterscheiden sich in wesentlichen Merkmalen. Der Mathematiker kennt nur eine "richtige" Formel, dem Juristen ist bewußt, daß bei steigender Abstraktion die Zahl der Lösungen zunimmt.

Das sind die widrigen Umstände. Man redet aneinander vorbei.

Es muß den Beteiligten gelingen, die Materie verständlich darzustellen. Nicht für jedermann, aber für die, die etwas zu sagen haben: die Richter

Peter


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Versicherungs-Chinesisch muss nicht sein
24.2.2010 – In der 14. Auflage des Versicherungs-wissenschaftlichen Fachgesprächs des Versicherungs-wissenschaftlichen Netzwerks Berlin ging es um die Verständlichkeit von AVB. Drei Juristen versuchten dem Problem aus unterschiedlichen Blickwinkeln beizukommen.
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Die Beurteilung, ob Klauseln in AVB verständlich und damit wirksam sind, werde durch die unklare Abgrenzung der Unklarheitenregel (§ 305c BGB) vom Transparenzgebot (§ 307 BGB) erschwert, beklagte Rechtanwalt Dr. Knut Pilz, der seine Dissertation zu diesem Thema geschrieben hat.

V.l.n.r.: Dr. Peter Präve, Dr. Knut Pilz (Bild: Pohl)
Beide Regeln müssten nach EU-Regeln gleichrangig angewendet werden, allerdings sei zu beobachten, dass das Transparenzgebot häufig bevorzugt werde. Dabei sei bei konsequenter Anwendung der Unklarheitenregel ein Rückgriff auf das Transparenzgebot weitgehend unnötig.
Dagegen protestierte allerdings der Versicherungsrechtler Prof. Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität Berlin mit dem Hinweis, dass eine Bevorzugung der Auslegungsregel vor der Transparenzanalyse wenig sinnvoll sein. Wenn ich etwas nicht verstehe, kann ich es auch nicht auslegen, so seine Überzeugung. Nur was transparent sei, könne im Zweifel ausgelegt werden. 
Selbst in Musterbedingungen sind Unklarheiten
Etwas praxisbezogener ging es zu bei den Vorträgen von Dr. Peter Präve, Syndikus beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), und Frank Senge, Leiter der Rechtsabteilung der Skandia Lebensversicherung.
Am Beispiel der Mustervertragsbedingung des GDV zum Kriegsrisiko machte Präve deutlich, dass selbst hier zweideutige Formulierungen enthalten sind. Einige deutsche Lebensversicherer waren im Rahmen des Afghanistaneinsatzes deutscher Soldaten in die Kritik geraten, weil sie das Kriegsrisiko ausgeschlossen hatten (VersicherungsJournal 13.7.2009).
In den GDV-Musterbedingungen heißt es sinngemäß, dass nur dann eine Lebensversicherung ohne Einschränkungen ausgezahlt werde, wenn es keine aktive Beteiligung an kriegerischen Einsätzen gegeben hätte. Darunter fallen alle humanitären und friedenserhaltenden Einsätze mit internationalem Mandat, so Präve.
Allerdings sei das vielen Soldaten aufgrund der Formulierung nicht klar. Besser wäre ein Satz, der eindeutig festlegt, dass für den Einsatz in Afghanistan Versicherungsschutz bestehe.

Abstriche sind nötig, aber problematisch


Frank Senge (Bild: Pohl)
Für Einfachheit plädierte auch Frank Senge. Es müsse beachtet werden, dass neben dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der ohne Spezialkenntnis die Klauseln verstehen müsse, immer auch die Richter, die sich mit Kundenklagen auseinanderzusetzen hätten, Adressaten der AVB seien.
Vor allem bei aktuariellen Fragen oder biometrischen Risiken sei es fast unmöglich, zugleich rechtlich einwandfrei und leicht verständlich zu formulieren. Während die AVB vieler Unternehmen etwa beim Stornoabzug eine hochkomplizierte und völlig intransparente Rechnung aufmachten, habe sich die Skandia entschlossen, einen einheitlichen Euro-Betrag anzusetzen und dies auch so zu formulieren.
Damit sei die Sache verständlich und klar beziffert, also zwei Forderungen erfüllt. Aber ist sie in jedem Fall auch angemessen?, machte er die Zwickmühle deutlich, in der sich Autoren von AVB befinden.

Einfache Produkte als Lösungsansatz

Als eine mögliche Lösung sprach er sich für einfachere Produkte aus, so dass das Problem umständlicher, mit Fachtermini gespickter Klauseln gar nicht erst entstehe. Größtmögliche Transparenz der AVB ist für uns nicht nur ein Wettbewerbsvorteil, sondern auch ein wirtschaftliches Gebot, machte er deutlich.
Denn: Kein Unternehmen könne es sich leisten, aufgrund intransparenter und damit möglicherweise unwirksamer Klauseln in die Haftung genommen zu werden.
Elke Pohl

Dienstag, 23. Februar 2010

Kapitalisierungsgeschäfte und Mißbrauch

Endlich wird offen darüber berichtet. Heute veröffentlicht das Handelsblatt einen Artikel: Aufgeblähte Umsätze
 in dem auf einen seit einiger Zeit in der Branche verbreiteten Mißbrauch der Versichertenkollektive hingewiesen wird: mit interessanten Garantiesätzen wird das große Geschäft angelockt.

Versicherung ist immer eine Angelegenheit eines Kollektivs. Eine Versicherungsgesellschaft mit nur einem Versicherungsnehmer ist nicht denkbar. Einerseits teilt das Kollektiv das Risiko - vorzeitiger Tod bzw. Langlebigkeit - andererseits auch die Möglichkeit der lohnenden Kapitalanlage. Keinem Versicherungsnehmer wäre in einer anderen rechtlichen Konstellation der Zugang zu einem interessanten Ertrag möglich. Selbst Investmentfonds können das nicht bieten, die von den Banken und den Fondsverwaltern berechneten Kosten betragen ein Vielfaches von dem, was ein Versicherer berechnet. Garantiefonds haben keine der KLV vergleichbare Erfolgsgeschichte. Daß die Lebensversicherung in der Vergangenheit auch durch den Vertrieb mißbraucht wurde, ist kein negatives Merkmal des Produktes, sondern des Vertriebes. Und der ist auch heute für den Mißbrauch der vorteihaften Zinsen der Lebensversicherer zum großen Teil verantwortlich.

Ein Glück, daß es Versicherer gibt, die dieses Geschäft nicht betreiben.


Und den Versicherern, die dieses Geschäft betreiben, ist zu wünschen, daß sie ihre Bestände möglichst bald auf Protektor übertragen müssen. Die Versichertengemeiinschaft wird zu leiden haben. Offensichtlich ist aber vor einer Änderung des kollektiven Verhaltens ein Schock erforderlich.

Gute Chancen für neue Versicherer. Altlasten sind eben im wesentlichen Lasten!


Peter Arlau

Montag, 8. Februar 2010

Lebensversicherung

Die Lebensversicherung (und insbesondere deren Zwilling, die Rentenversicherung) ist in Deutschland und Europa ein sinnvolles Instrument der Altersvorsorge und Hinterbliebenenversorgung. 

Die staatlichen Instrumente der Altersvorsorge sind unzureichend und angesichts der enormen Verschuldung der öffentlichen Hand in der Zukunft nur noch zu Mindestleistungen in der Lage. Sicher wird es die gesetzliche Rente noch in 100 Jahren geben, aber es dürfen Zweifel daran gehegt werden, ob das Leistungsniveau der Jahre nach 2030 noch dem des Jahres 2010 entsprechen wird.

Der Durchschnittsbürger wird für seine Alterversorgung sparen müssen. Eines der wenigen steuerlich geförderten Instrumente ist die Lebensversicherung.

Die klassische Lebensversicherung steht im Wettbewerb mit der Fondsgebundenen Lebensversicherung. 

Für die Lebensversicherung spricht die unbedingte Sicherheit des angesparten Vermögens vor der Insolvenz des Versicherers. Die in der EU vorgeschriebenen Sicherungen sind ausreichend und deren Überprüfung durch die Aufsichtsbehörden über jeden Zweifel erhaben. Die Abwicklung der Mannheimer Lebensversicherung hat diesen Nachweis erbracht.

Der Vorteil der klassischen Lebensversicherung ist die feste Verzinsung des angesparten Vermögens ohne Versteuerung der Zinsen und der Zinseszinsen bis zum vereinbarten Leistungszeitpunkt. Für die Basis der Altersversorgung ist dies das richtige Instrument.

Die klassische Lebensversicherung ist auf Grund der durch die Zinsgarantie erforderlichen strikten Anlagevorschriften  im Ertragspotential beschränkt.

Gegenwärtig streiten sich die Gelehrten darüber, wie die für die klassische Lebensversicherung ausschlaggebende Zinskurve der nächsten Jahre aussehen wird. Bleiben die Zinsen unten weil sich die Staaten aus budgetairen Gründen keine hohen Zinsen leisten können oder führt das niedrige Zinsniveau für Zentralbankgeld zur Inflation und damit  in der Folge zu höheren Zinsen?

Die Antwort ist unwichtig, weil in beiden Szenarien negative Auswirkungen auf die klassische Lebensversicherung zu befürchten sind. Ganz einfach: bleiben die Zinsen niedrig, geraten immer mehr Versicherer in die Schere aus hohen Zinsverpflichtungen gegenüber ihren Versicherungsnehmern und  niedrigen Verzinsungen des Deckungsstocks. Herr Sanio hat vor einigen Wochen darauf hingewiesen, daß ihm dieser Ausblick Sorge macht.

Steigt das Zinsniveau wird für alle, die in der Zeit niedriger Zinsen eine klassische LV abgeschlossen haben, die Abwägung über die Ertragssituation zu einer Kündigung und - gleicher Bedarf vorausgesetzt - zum Abschluß einer neuen KLV mit höherem Garantiezins führen. Das führt bei der jetzt notwendigen Verteilug der Abschlußkosten auf 5 Jahre zu dem Problem, daß der Versicherer diese Kosten nicht mehr amortisieren kann. Für alle, die nicht kündigen, eine unglückliche Situation.


Welche Alternative bleibt: Die Fondsgebundene Rentenversicherung.

Gruß Peter